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August 17, 2025

Die Auswirkungen von KI auf Lesen und Alphabetisierung: Ein zweischneidiges Schwert

Author: Naomi S. Baron

Die Auswirkungen von KI auf Lesen und Alphabetisierung: Ein zweischneidiges Schwert

In den letzten Jahren hat die Schnittstelle von Technologie und Alphabetisierung eine zentrale Rolle eingenommen, wobei künstliche Intelligenz (KI) als eine mächtige Kraft auftaucht, die verändert, wie wir lesen, schreiben und denken. Ein Sturm zieht herauf, da Schüler und Erwachsene weniger Zeit mit Büchern verbringen als je zuvor, was durch die schnellen Fortschritte in KI-Technologien noch verschärft wurde. Als Linguist, der diese Veränderungen untersucht, bin ich zunehmend besorgt über die Auswirkungen der KI auf Lesgewohnheiten und den Gesamtwert, der der Literatur als menschlichem Bemühen beigemessen wird.

KI-Tools haben in den Schlagzeilen für ihre beeindruckenden Schreibfähigkeiten gesorgt. Ihre Fähigkeit, riesige Datenmengen zu verarbeiten und zu analysieren, wirft jedoch beunruhigende Fragen über die Zukunft des Lesens auf. Heute können Schüler traditionelle Texte leicht umgehen, indem sie auf KI-generierte Zusammenfassungen und Analysen zurückgreifen. Anstatt sich tief mit Werken wie "Die Abenteuer des Huck Finn" von Mark Twain oder "Der Fänger im Roggen" von J.D. Salinger auseinanderzusetzen, wählen viele Schüler jetzt vereinfachte KI-Zusammenfassungen, die angeblich für Diskussionen und Vergleiche ausreichen.

Das langjährige Verfahren, Literatur zusammenzufassen und zu vereinfachen, wie es bei CliffsNotes oder Online-Diensten wie Blinkist üblich ist, hat mit KI-Technologien wie BooksAI und BookAI.chat nun ein beispielloses Niveau erreicht. Diese Innovationen ermöglichen es Lesern, buchähnliche Informationen zu erhalten, ohne sich mit den Werken selbst auseinandersetzen zu müssen. Während die Bequemlichkeit verführerisch ist, wirft die Abhängigkeit von KI Bedenken hinsichtlich des Verlusts der bereichernden persönlichen Erfahrung auf, die aus dem Lesen entsteht.

Vor dem Aufstieg von generativer KI war der Rückgang der Lesgewohnheiten bereits sichtbar. Berichte des National Assessment of Educational Progress zeigten eine beunruhigende Tendenz: Von 1984 bis 2022 sank der Prozentsatz der Viertklässler, die jeden Tag zum Spaß lesen, von 53% auf nur 39%. Die Achtklässler verzeichneten einen noch steileren Rückgang, von 35% im Jahr 1984 auf nur 14% im Jahr 2023. Diese Entwicklung beunruhigt Pädagogen, die feststellen, dass Studierende heute oft auf umfangreiches Lesen verzichten und stattdessen Inhalte "proben", um akademische Anforderungen zu erfüllen.

Der Wandel in den Lesevorlieben bei jungen Menschen ist nicht auf die USA beschränkt. Studien im Vereinigten Königreich deuten auf ähnliche Rückgänge hin, wobei nur ein Drittel der Kinder im Alter von 8 bis 18 Jahren ihre Freizeit mit Lesen verbringen, was einen Rückgang von fast 9 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Dieser Trend wird durch Umfragen in 79 Ländern weiter bestätigt, die einen deutlichen Anstieg der Schüler zeigen, die nur lesen, wenn es in der Schule vorgeschrieben ist.

Während sich die Landschaft des Lesens weiterentwickelt, stellen viele Pädagogen fest, dass die Abhängigkeit von KI bei Leseaufgaben die Lesefähigkeiten und analytischen Fähigkeiten der Schüler erheblich mindert. Laut Forschungen der Literacy-Expertin Anne Mangen reduzieren Lehrkräfte zunehmend Leseaufgaben im Unterricht, da eine wachsende Zurückhaltung der Schüler gegenüber traditionellen Texten besteht, was von Kulturkommentatoren bestätigt wird.

Auch die Lesgewohnheiten Erwachsener sind rückläufig. Studien zeigen, dass im Jahr 2023 nur 54% der Amerikaner mindestens ein Buch gelesen haben, was im deutlichen Gegensatz zur früheren Lesekultur steht. Dieser Rückgang zeigt sich vergleichbar in verschiedenen Ländern, darunter Südkorea und Großbritannien, wo ein bedeutender Anteil der Bevölkerung jetzt als "leseunwillig" gilt – Menschen, die früher regelmäßig lasen, aber wegen Desinteresses und Zeitmangels aufhören.

Die Auswirkungen dieser Trends sind tiefgreifend, da sie nicht nur einen Rückgang der Alphabetisierung, sondern auch eine mögliche Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten implizieren. Jüngste Studien legen nahe, dass eine starke Abhängigkeit von KI beim Lesen zur kognitiven Entlastung führt, bei der Individuen weniger in ihre eigenen Denkprozesse eingebunden sind. Diese Distanz kann kritisches Denken und die Fähigkeit, persönliche Interpretationen zu entwickeln, beeinträchtigen – Fähigkeiten, die durch tiefes Lesen geschärft werden.

Darüber hinaus sind die emotionalen und ästhetischen Vorteile des Lesens gefährdet, verloren zu gehen. Die Freude daran, sich mit Charakteren zu verbinden, schöne Prosa zu genießen und durch eine Geschichte bewegt zu werden, lässt sich nicht durch maschinengenerierte Zusammenfassungen replizieren. Lesen fördert Empathie, Kreativität und persönliches Wachstum – Elemente, die für ein nuanciertes Verständnis der menschlichen Erfahrung wesentlich sind.

Abschließend lässt sich sagen, dass generative KI, obwohl sie bemerkenswerte Vorteile in Bezug auf Effizienz und Zugang zu Informationen bietet, erhebliche Risiken für unsere Lesekultur sowie für kognitive und emotionale Entwicklung darstellt. Während wir diese technologische Entwicklung weiter vorantreiben, ist es entscheidend, eine Balance zwischen dem sinnvollen Einsatz von KI und dem Erhalt der grundlegenden Aspekte der Alphabetisierung zu finden, die das menschliche Leben seit Jahrhunderten bereichern. Die Förderung nachhaltiger Lesepraxen in Bildung und zu Hause wird zunehmend wichtiger, um sicherzustellen, dass die Beschäftigung mit Literatur ein geschätzter Teil unseres Lebens bleibt.

Eine visuelle Darstellung der KI-Technologien, die die Lesegewohnheiten prägen.

Eine visuelle Darstellung der KI-Technologien, die die Lesegewohnheiten prägen.

Zukünftig müssen Pädagogen und Eltern tiefere Lesegwohnheiten und kritische Auseinandersetzung mit Texten fördern. Die Integration von Alphabetisierung als grundlegende Anforderung im Unterricht neben digitaler Innovation kann sicherstellen, dass kommende Generationen eine tiefgehende Verbindung zu Büchern entwickeln. Die Fähigkeit, kritisch zu lesen, umfangreiche Literatur zu analysieren und die Kunst des Geschichtenerzählens zu genießen, muss in einer zunehmend KI-getriebenen Welt erhalten bleiben.